Ohne Erdöl: Bioökonomie, Bioplastik, Biokraftstoff – Basis oder Nische?

Von Lucas Niño

Was haben Windräder, (Elektro)-autos und sterile medizinische Ausrüstung gemeinsam? Nun, ohne Plastik wären sie nicht denkbar oder deutlich weniger effizient. Plastik ist zwar kein besonders stabiler Werkstoff, aber es ist einer, der eine dem Leben sehr fremde Chemie anwendet. Metalle können rosten oder korrodieren, Holz und Papier bestehen aus ehemaligen Lebewesen und können auch von Lebewesen zersetzt werden. Nur die klassischen Plastiksorten sind chemisch gegenüber dem Abbau von Mikroorganismen und vielen Umwelteinflüssen stabil. Er wird aus Erdölbestandteilen unter z.T. sehr exotischen Bedingungen hergestellt.

Das Ende des Erdöls – auch trotz erneuerbarer Energien ein Problem

Doch Erdöl ist endlich! Einst gab es Schreckensvisionen, dass eines Tages das Licht ausgeht, sobald es kein Öl mehr gibt. Dieser Schrecken verblasst heute zumindest in Deutschland langsam mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien. Wie erwähnt ist Erdöl auch der Ausgangsstoff für die Plastikproduktion. Auf Einwegplastik wollen einige Leute zunehmend verzichten. Jedoch wie würde eine Welt ohne moderne Medizin und Windräder aussehen? Verschwände heute das gesamte Erdöl von der Welt wäre unser Leben wahrscheinlich sehr vegan, da eigentlich nur pflanzliche Lebensmittel und vielleicht Eier und Trockenfleisch wirklich haltbar genug sind, um ohne Plastikverpackung lange zu lagern. Unsere Schreckensvision ist heute eher, dass all die Dinge, die heute durch die Petrochemie (Produktion von Gütern auf Basis von Erdöl) von den verbleibenden Ölvorräten abhängen – und uns eines Tages eher sehr viele notwendige Medizinprodukte fehlen.

Je besser, desto problematischer

Nun gut, auch Erdöl entstammt strenggenommen verwesten Lebewesen vom Meeresgrund aber die chemischen Reaktionen, mit denen wir aus einzelnen Molekülen ganze Gegenstände herstellen sind anders als die Reaktionen, die die Natur kennt. Deshalb gibt es auch kaum Lebewesen, die fossiles Plastik in der Natur abbauen können. Die Reaktionen, die nötig wären, um Plastik zu zersetzen sind i.d.R. sehr energieaufwendig oder benötigen extreme Bedingungen. Auch deswegen sind bisher wenige Lebewesen entdeckt worden, die Plastik chemisch verarbeiten konnten (Beispielsweise Mottenraupen Galleria Melonella und Bakterien Idonella Sakaiensis) und die meisten dieser sind kaum fähig im Meer Mikroplastik anzugreifen. Packen wir eine Spritze, ein Lebensmittel in eine Verpackung aus Plastik, werden es vermutlich nie Bakterien schaffen, sich in die Verpackung durchzufressen und das Verpackte zu verderben. Vorausgesetzt die vorhergenannten Lebewesen verbreiten sich nicht in unserer Umwelt. Aber gerät die Verpackung mitsamt Inhalt ins Meer, wird sich dort auch niemand finden, der es auflöst. Das ist bei einem Stück Papier oder einer Bananenschale anders.

Der Plastik-nicht-Kreislauf

Doch es gibt noch ein Problem: Okay, vielleicht wird das Erdöl der Welt nichtmehr zu CO2 verbrannt… Aber Plastik herzustellen ist im Endeffekt auch eine Form von CO2-Produktion! Es gibt prinzipiell drei Wege mit Plastikabfall umzugehen: Recyceln, Verbrennen oder in die Umwelt geraten lassen. Recyclen ist erstaunlicherweise eher eine Einbahnstraße. Die Struktur und Qualität von Plastikprodukten ist in den meisten Plastiktypen (bspw. PE/PP) dauerhaft nicht zu erhalten. Und die Plastiktypen, die oft bis unbegrenzt oft recycelt werden können (bspw. PET) müssen aufwändig aussortiert werden. Das nächste Erstaunliche ist, dass Verbrennen und in die Umwelt geraten lassen eine sehr ähnliche Folge für unsere Atmosphäre haben. Plastikprodukte sind meistens Kohlenwasserstoffe. Verbrennt man diese, entsteht CO2 und Wasser. Gerät Plastik in die Umwelt, zerkleinert es sich zunächst mechanisch und kann dann über sehr langsame Prozesse über Jahrhunderte und Jahrtausende zu CO2 und Wasser umgewandelt werden. Was bringt es also Erdöl nicht zu verbrennen und es stattdessen in Plastik umzuwandeln?

Die Entschärfung der CO2-Bombe

Wenn man sich die Probleme unserer Welt anschaut, v.a. die technischen, fällt auf, dass es meistens sehr schnell ein paar theoretische Lösungen gibt. So auch bei dem Kreislaufproblem der Petrochemie. Man könnte Das CO2 aus der Luft nehmen und daraus Produkte aus Kohlenstoffverbindungen herstellen. Und wer kann CO2 aus der Luft nehmen? Pflanzen.

Biomasse versus Erdöl

Während Erdöl eine chemisch relativ homogene, wasserfreie Masse ist, die eigentlich nur aus wasserabweisenden Kohlenwasserstoffen besteht, sind biologische Erzeugnisse wasserhaltig und bestehen aus verschiedenen, chemisch unterschiedlichen Arten von Molekülen. Da sind u.a. Lignine, wasserunlösliche Fette, wasserlösliche Kohlenhydrate und Proteine, die unterschiedliche Löslichkeiten haben können. Zusammen bilden sie komplexe, stabile Strukturen – die Zellen. Diese müssten zunächst aufgeschlossen werden. Hat man diese verschiedenen chemischen Bestandteile erst einmal voneinander getrennt, kann man diese Stoffe direkt weiterverarbeiten (z.B. Stärke zu Papier, klassische Naturprodukte) oder man spaltet sie weiter zu einfachen Monomeren, die wiederum in Kunststoffe umgesetzt werden können. Dieser Teil wird als Bioraffinieren bezeichnet. Der Zweite Teil der Bioökonomie beschreibt die Produktion von neuen Produkten auf Basis dieser Monomere. In der Erdölchemie kommen andere Monomere vor, aus denen auch andere Polymere gebildet werden. Ein kleiner Vorteil ist, dass Bioraffinerien trotz größerem Aufwand der Aufbereitung von kleinen Molekülen, direkter Ausgangsstoffe für abbaubare Plastiksorten bereitstellen können. Beispielsweise PLA (Poly-LAktat) ist ein Polymer aus vielen Milchsäuremolekülen. Diese wiederum wird bevorzugt aus (Mais)-Zucker hergestellt. PLA ist ein Plastiktyp, der vielseitig in Bechern, Folien und Stiften verwendbar ist. Dies ist auch künstlich aus Erdöl herstellbar, aber viel teurer. Findet man eine Möglichkeit für uns nicht essbare Zellulose zu Zucker zu machen, hat man hier größere Mengen Ausgangsmaterial. Denn Zellulose ist ein wichtiger Bestandteil von Holz, Blättern und Sprossachsen.

Jedoch ist PLA nicht ganz unumstritten. Es ist kompostierbar, im Meer jedoch 80 Jahre lang stabil. Jedoch fragt sich dabei: Isst nun ein Lebewesen PLA-Rückstände, ist die chemische Behandlung in der Verdauung vielleicht ein Umfeld, in dem PLA zersetzt wird und nicht wie herkömmliches Plastik die Organe verstopft? Verzichtet man zudem auf nicht abbaubare Additive, ist es möglich, dass die zersetzten Überreste (Milchsäure) ein für Lebewesen verarbeitbarer Stoff ist, der sich nicht ablagert? Hier zeigt sich, dass der Teufel im Detail liegt. Nur weil ein Plastiktyp nicht im Meereswasser abbaubar ist, heisst das nicht sofort, dass er genauso schädlich für Meereslebewesen ist. Und das Problem der CO2 Freisetzung hat PLA als Bioplastik (da aus biologischen statt fossilen Quellen) sowieso nicht.

Die vier Arten des Plastik

Deshalb gibt es eine Einteilung in vier Kategorien von Kunststoffen: In fossile oder biologisch–regenerative und in biologisch abbaubare oder biologisch stabile Produkte. Daraus ergeben sich vier Kategorien: Die klassischen Kunststoffe aus Öl sind fossil und nicht abbaubar, es gibt aber auch nicht abbaubare Bioalternativen. Diese würden die Meere genauso vermüllen wie klassisches Plastik. Außerdem gibt es abbaubare fossiles Plastik und abbaubares Bioplastik. In Anbetracht der Tatsache, dass jegliche fossile Produkte auf kurz oder lang zu CO2 werden, während biologische Produkte nur CO2 produzieren können, was vorher aufgenommen wurde, liegt das Interesse auf Produkten biologischer Abstammung. Und unter der Perspektive, dass jetzt schon enorm viel nicht abbaubarer Plastikmüll in den Meeren ist, sollte der Kunststoff der Zukunft abbaubar sein. Im Angesicht einer drohenden Klimakatastrophe

Grundzüge der Bioökonomie

Anders, als einige Leute glauben, ist es nicht Ziel der Bioökonomie alle Dinge aus Naturmaterialien (Wolle, Holz etc.) herzustellen, sondern der Großteil der Bioökonomie basiert darauf aus Naturmaterialien Monomere (einfache chemische Moleküle) herzustellen, aus welchen dann mit chemischen Verfahren Polymere (Verbindungen aus vielen Monomeren) und damit größere Gegenstände erzeugt werden. Hier jedoch am besten mit Reaktionen, die die Natur auch kennt und wieder spalten kann, sollte der Kunststoff bspw. im Meer landen.

Unkomplizierte erste Schritte

Wie erwähnt ergibt sich ein Zielkonflikt zwischen Verpackungssicherheit und biologischer Abbaubarkeit in der Natur. Aber hier bietet sich eine Lösung an: Einwegplastik, Verpackungen von Produkten, die auch versiegelt nicht lange halten könnten durch “minder stabiles“ d.h. biologisch abbaubares Bioplastik ersetzt werden. Immerhin die Hälfte des Plastikmülls der EU ist Einwegplastik.  Die biologisch stabilen Plastikarten könnten sich vorerst weiterhin auf Nischenanwendungen wie medizinische Materialien beschränken. Keiner will eine Blutvergiftung erleiden, nur weil die Spritze, die ein Arzt verwendet hat in nicht ganz biostabilem Bioplastik verpackt war und Bakterien eindringen konnten. Windräder sind deutlich widerstandsfähiger gegen Umwelteinflüsse, wenn sie mit Plastik beschichtet sind. Da in der Medizin und Forschung kunststoffverpackte Artikel oft in sehr sicherheitsorientierten Umfeldern im beruflichen Kontext (Ärzte, Pfleger, Forscher) verwendet werden, ist die Chance, dass fast 100% davon sicher entsorgt wird, sehr groß. Ob und wie dafür Alternativen gefunden werden hat dann eine geringere Dringlichkeit. 

Wirtschaften mit Biomasse heute 

Tatsächlich wird von der zur Zeit produzierten Biomasse (alle angebauten, der Natur entnommenen Materialien) erstaunlich wenig für die Lebensmittelproduktion verwendet. Nach Zahlen des nova-Instituts aus dem Jahr 2020 werden 12% zu Nahrungsmittelproduktion, 16% für die Energieerzeugung genutzt, 2% für Biokraftstoffe und 60% für die Ernährung von Nutztieren eingesetzt. 0,034% (4,3 mio. t) werden für die Produktion von 3,4 mio. t von Biokunststoffen eingesetzt. Spannend – Die Nutztiere auf der Welt essen so viel (für Menschen) essbare Biomasse, wie 8,7 Mrd. Menschen essen könnten. Es wird also etwas mehr für Menschen essbare Biomasse an Tiere verfüttert als Menschen selber Essen. Nun essen Tiere aber insgesamt 60% der produzierten Biomasse während Menschen nur 12% verzehren. D.h. es muss eine große Quelle von Biomasse geben, die wir Menschen produzieren aber nicht selber essen können. Stellen wir uns eine Maispflanze vor. Es ist eine Pflanze mit einer langen Sprossachse und Blättern und einigen Kolben. Wir Menschen essen gerade einmal die Maiskörner. Der Rest der Pflanze – Sprossachse, Blätter, evtl. Kolben – wird potentiell zu Tierfutter verarbeitet. Traditionell sind Wiederkäuer bekannt dafür diese und ähnliche Pflanzenbestandteile anders als Menschen essen zu können.

Basisentscheidung für Bioökonomie

Das Fraunhoferinstitut für System- und Innovationsforschung (SI), sowie das Bundesumweltministerium sehen das Potential abhängig von einigen Problemen. Da die Landwirtschaftliche Nutzung in Deutschland und auch der ganzen Welt für die jetzige Nahrungsmittelproduktion schon sehr großen Flächen in Beschlag nimmt, ist die Zukunft von einer Art Verhandlung über Nutzungsweisen abhängig. Beispielsweise könnte sehr viel landwirtschaftlich erzeugte Biomasse, die nicht verzehrbar ist, anstatt an Tiere verfüttert zu werden, in Bioraffinerien zur Stoffgewinnung genutzt werden. Von den Nahrungsmitteln, die vollständig nur als Tierfutter angebaut werden mal ganz abgesehen. Allerdings gibt es auch Befürchtungen, dass durch Umweltzerstörung, Überdüngung und Klimawandel Landwirtschaftliche Nutzflächen verloren gehen. Hinzu kommt die Tatsache, dass ein großer Teil der Weltbevölkerung jetzt aus Gründen der Armut wenig Fleisch isst und so der Bedarf an Tiernahrung stark wachsen könnte. In Schwellenländern oder jungen Industrienationen, die sich noch an Armut und Hunger erinnern, könnte das Bewusstsein für Nachhaltigkeit auf Kosten von Fleischkonsum weniger Anklang findet als in Europa, den Industriestaaten Ostasiens und Nordamerika.

Nun gab es nur leider schon eine Tank-oder-Teller-Diskussionen wegen der Produktion von Biokraftstoffen der ersten Generation (Maisethanol, Rapsöl etc.). Bei der Debatte ging es im Prinzip darum, dass Pflanzen, die zur Produktion von Biokraftstoffen eingesetzt werden in Konkurrenz zu Pflanzen um Boden stehen, die Nahrungsmittel für Menschen bereitstellen. Im Hinblick auf die Hungerprobleme der Welt und die Situation der Regenwaldabholzung wirkte der Anbau von Pflanzen für Biokraftstoffproduktion unvertretbar. Ein Lösungsansatz einst war ein Lebewesen zu finden, welches nicht auf Böden wächst – Algen zum Beispiel. Zählt man die bakteriellen Blaualgen dazu, sind Algen definiert als Lebewesen, die im Wasser leben und Photosynthese (Lichtenergie nutzen, um CO2 zu Kohlenstoffverbindungen umzuwandeln) betreiben. Sie brauchen eher Tanks oder Teiche zum Leben. Diese könnte man überall in Städten oder auf unfruchtbaren Böden platzieren. Und noch ein Vorteil: Algen können 50-100 mal schneller Biomasse produzieren als Landpflanzen.

War die Menschheit blind für allgegenwärtige Superproduzenten? 

Auf den ersten Blick wirken Algen wie eine ideale Erweiterung der Biomasseproduktion: Sie konkurrieren nicht mit Pflanzen um Ackerland, sie können 5% des Sonnenlichts in chemische Energie umwandeln, während Pflanzen das gerade einmal mit 0,5% können. Algen können in Tanks an Häusern in Städten (wie auf der IBA in Hamburg), wie auch in Tanks oder künstlichen Teichen an ehemaligen Industriebrachen (hier gewinnen ehemalige DDR-Industriestandorte in Brandenburg und Sachsen-Anhalt an Bedeutung) angebaut werden. Leider aber sind fast alle Behälter für Algen zu reinigen und die Kosten dafür sehr hoch. Und selbst wenn für Algen effiziente Infrastrukturen verfügbar wären, gäbe es noch das Problem, das viele Algen sehr unstete Stoffwechsel haben. Unter Mangel von Stickstoff und Phosphat produzieren Algen viele Kohlenhydrate (bis zu 60% des Eigengewichts) oder Fette (bis zu 70%). Sind Phosphat und Stickstoff jedoch vorhanden bilden sie auch vermehrt Proteine. Möchte man also eine verlässliche Quelle haben, müssen konstante Umweltbedingungen in Licht und durch Begasung gewährleistet sein.

Ist dies jedoch gewährleistet, könnten Algen in Konkurrenz zu Pflanzen als Produzenten für Pharmaprodukte treten (Pharming). Außerdem: Die geschlossenen Behälter können noch ein Problem lösen. Oft müssen Algen/Pflanzen für die Pharmazie stark genetisch verändert werden. Dementsprechend müssen alle Lebewesen, die man in dem Bereich nutzt, abgeschirmt von der Umwelt werden. Das wäre bei Algen durch die Tanks schon passiert.

Algenbioökonomie – Probleme und Chancen

In Großvolumigen Anbausituationen schwierig rentabel anzubauen, sind Algen gute Quellen für hochwertige Moleküle wie β-Carotinoide und Fette. Für die Produktion solcher (auch in geringeren Mengen benötigten) Stoffe lohnt sich der Anbau von Algen wiederum. Auch sind Öle aus Algen in ihrer Qualität mit den aus Ölpalmen vergleichbar und hätten so das Potential in Deutschland oder in Europa auf unfruchtbaren Böden oder Tagebaubrachen Öl für die Kosmetikindustrie zu produzieren. So könnte man das Palmöl ersetzen, dessen Nutzung für Regenwaldzerstörung verantwortlich gemacht wird. Das Unternehmen Ecover aus den Niederlanden wirbt mit genau diesem Angebot: Waschmittel mit Algenöl sollten 16-mal weniger CO2 verbrauchen als Waschmittel, die auf Palmöl basieren und zudem Ackerboden einsparen. Jedoch stellte sich heraus, dass die Tenside für das Waschmittel von genetisch veränderten Algen hergestellt wurden, was zu einem Sturm der Entrüstung führte. Durch Gentechnik sind sehr große Steigerungen in Ertrag und auch Anwendung von Algen möglich. Je nachdem wie sich das Verhältnis zu wissenschaftlichen Fakten über Gentechnik in technischen Anwendungen verändert, kann sich die Akzeptanz solcher Produkte verändern. Stand 2020 ist die Produktion von Algenöl jedoch noch nicht wirtschaftlicher als die von Palmöl. Lediglich als protein- und vitaminreiches Nahrungsergänzungsmittel lohnt sich die Produktion von nicht genetisch veränderten Algen.

Bioökonomie als Nische in der Elektrizitätswirtschaft?

Die Studie der Fraunhoferinstituts für SI enthält dazu verschiedene Szenarien. Im Wesentlichen unterscheiden sie sich darin, wieviel Biomasse für welche Nutzung verbraucht wird. Am interessantesten zeigt sich hier v.a. ein Szenario, welches Biomassenutzung für Nischen, in denen erneuerbare Energien nicht eingesetzt werden können, Anwendung findet. Während die E-Auto-Wende die Nutzung von Biodiesel wegkonkurrieren könnte und erneuerbare Energien billiger und verlässlicher als energetische Algenölnutzung sind, ist es erstrebenswert produzierte Biomasse für Plastikproduktion und als Treibstoff für Flug-/Schiffsverkehr zu nutzen. Akkus sind für Flugzeuge noch auf lange Zeit zu schwer. Und auch wenn es bereits durch einen technischen Durchbruch 2019 ein kostengünstiges Verfahren für die Herstellung von Treibstoff aus CO2 und Wasser mit erneuerbarer Energie gibt (80% der Energie werden in Treibstoff umgewandelt), bleibt der Preis mittelfristig mindestens 1-1,50 Euro deutlich höher als ca. 50 ct für fossiles Kerosin. Und obwohl der europäische Kraftstoffbedarf nach Aussage des nova-Instituts aus dem Jahr 2019 mit 18.000 km² Sonnenkollektoren in der Sahara (0,2%) gedeckt werden könnte, schaut gerade die Luftfahrtbranche tatsächlich auf eine (nahe) Zukunft mit Biokraftstoffen aus Pflanzenresten, Hausmüll und Pflanzen, die auf unfruchtbaren Böden leben können.

Ausblick

Die Bundesregierung erwartet, dass egal welche Richtung Deutschland in der Bioökonomie einschlägt, größere Effekte auf die Wirtschaft nach 5-10 Jahren eintreten. Wie stark der Effekt sein wird ist dann v.a. davon abhängig, wie viele Quellen von nicht mit Nahrungsmittelanbau konkurrierender Biomasse entdeckt werden bzw. rentabel sind und davon, inwieweit wir bereit sind auf Konsum von tierischen Produkten zu verzichten, um Biomasse für die Industrie übrigzulassen. Und nicht zuletzt auch davon, wie wir Kosten, Nutzen und Risiken von Produkten der Bioökonomie oder weißer Gentechnik bewerten.